Dienstag, 12. April 2011

Viaje a la Isla del Sol

"Es ist wie im Paradies hier! Mit Worten ist es unmoeglich, das alles hier zu beschreiben. Trotzdem werde ich es versuchen. Gestern Morgen fuhren wir - Evelyn und ich - von Copacabana aus los - anderthalb Stunden auf die Isla del Sol. An der Nordseite legte das Boot an und die Wanderung auf die Suedseite sollte 3 Stunden dauern. Wir liefen los und blieben alle paar Minuten stehen - die Landschaft war einfach atemberaubend. Der Blick auf den tiefblauen, glitzernden Titicacasee, auf die andere Seite - das Festland Perus -, nach oben, wo die schoensten Wolkenformationen waren (und auch heute wieder sind), die ich in meinem ganzen Leben gesehen habe, und diese unendliche Weite und Stille, die einen umgibt. Die erste lange Pause machten wir an einem Vorsprung aus Fels direkt ueber dem See. Das war zum ersten Mal auf dem Weg als ich dachte: Hier koennte ich mein Leben lang bleiben. Ich weiss nicht, was dieser See ausstrahlt. Es ist eine Art friedliche Ruhe, eine Ausgeglichenheit, die man nur ganz selten spuert. Vielleicht genau das Gefuehl, das man in La Paz zwischen all den Menschen, Bussen und Strassen nicht so leicht findet und vermisst. So anstrengend die Wanderung teilweise war, so sehr habe ich gespuert, wie mein Koerper aufatmet und mein Kopf frei wird. Obwohl ich La Paz schon wieder vermisse, habe ich durch die 2 Tage in der Natur wieder an Leichtigkeit und auch Zufriedenheit gewonnen. Die Wanderung Richtung Sueden ging weiter und wir kamen an alten Inkaruinen aus dem Jahr 800 v. Ch. vorbei. Unvorstellbar, wie damals das Leben dort gewesen sein musste. Und wieder strahlte dieser Ort so etwas Geheimnisvolles, Magisches, fast schon Heiliges aus. Immer wieder machten wir auf der restlichen Wegstrecke Halt um uns einfach hinzusetzen und die atemberaubende Umgebung - die Pflanzen, den Himmel, die Felsen, die Farben, den Titicacasee - auf uns wirken zu lassen. Vielleicht wuerden wir nie wieder hier hinkommen. Und vielleicht findet man nirgendwo auf der Welt einen vergleichbaren Ort. Nicht nach 3 sondern nach 6 Stunden kamen wir im Sueden der Insel an. Wenn ich es nicht besser wuesste, wuerde ich sagen, dass uns der Weg direkt ins Paradies gefuehrt hat. Ich glaube nicht, dass ich je in meinem Leben an einem wundervolleren, zauberhafteren Ort gewesen bin. Man kann das nur sehr schwer jemandem beschreiben, der noch nie hier war. Ich sitze hier auf dem kleinen Vorplatz unseres Hostals, weit unter mir terrassenfoermig angelegte Felder, die in allen moeglichen Gruentoenen leuchten und an das Ufer des Titicacasees angrenzen. Dort liegen einige winzige weisse Boote und schaukeln im Wasser. Man hoert Voegel zwitschern, Isekten zirpen, ab und zu ein Schaf bloeken oder einen Esel. Und dazu das leise Rauschen der Wellen. Rechts von mir befindet sich das Dorf. Kleine Haeuser, die meisten davon sind Hostals. Man sieht die Einwohner ihren Taetigkeiten nachgehen und Kinder laufen herum. Man hoert sie lachen. Morgens wurden die Esel mit Paeckchen auf dem Ruecken, Schafe und Lamas zu ihren Weideplaetzen getrieben. Nach einigen 100 Metern faengt wieder die gruene Landschaft an. Links von mir ist ein kleiner Wald, hinter dem es zum Hafen hinuntergeht, von wo aus man nach Copacabana zurueckfaehrt. Wenn ich aufschaue, liegt vor mir der See mit seinen unzaehligen Blautoenen, dem Geraeusch der Wellen im Wind... und es faellt mir einfach kein Wort fuer das ein, was diese Schoenheit der Natur auch nur annaehernd beschreiben koennte. Weit weg, auf der anderen Seite des Sees, sehe ich das peruanische Festland. Gruene und schwarze Huegel, scheinbar zum Greifen nah. Ich sehe Evelyn, die in einem Liegestuhl sitzt. Sie schreibt Tagebuch. Wenn sie aufblickt und auf den See schaut in die Ferne, weiss ich, dass auch ihr die Worte fuer das fehlen, was wir gerade erleben. Ueber alldem am Himmel die traumhaft schoenen Wolken... so weiss und leuchtend, so vielseitig und nah, so fest und gleichzeitig veraenderlich. Es sind nicht die Wolken, die man aus Deutschland kennt, die wie Watte aussehen und vom Wind fortgetragen werden. Es sind Wolken, die aussehen wie Schlagsahne oder Rasierschaum. Man will eine Leiter dranstellen und draufklettern. Oder wenigstens ein Stueckchen in einem Glas einfangen, um es mit nach Hause zu nehmen. Man fragt sich, wie dem Menschen so etwas Schoenes von der Natuer geschenkt werden kann. Man denkt, dass man an diesem Ort sein ganzes Leben verbringen koennte. Man moechte der ganzen Welt erzaehlen, was man gesehen hat. Und doch auch alles fuer sich behalten, weil der Moment so wertvoll fuer einen selbst ist. Und wenn ich aufschaue, haben sich die Wolken in der Ferne schon wieder veraendert. Gleichermassen unbeschreiblich. Ich bin so gluecklich, dass ich weine."

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