Sonntag, 29. August 2010

1 Monat La Paz

Jetzt ist ein Monat vergangen seit wir hier in La Paz angekommen sind und die Zeit vergeht gleichzeitig langsam und schnell. Langsam wenn man bedenkt, wie wenig wir hier eigentlich bisher "zuhause" sind und wie viel noch vor uns liegt, was wir sehen, lernen und erfahren werden. Und schnell, weil man jeden Tag so viel Neues mitkriegt, arbeitet, Menschen trifft, Eindrücke sammelt, den Haushalt macht und sich manchmal abends wünscht, dass der Tag drei Stunden länger wäre.

Auch wenn sich der letzte Blogeintrag über meine Arbeit etwas negativ angehört hat und ich inzwischen immer noch nicht so recht weiß, was meine Aufgaben sind, glaube ich inzwischen, dass einfach noch zu wenig Zeit vergangen ist um sich alles angeschaut und alles verstanden zu haben. Das heißt, dass ich sobald ich einen besseren Einblick bekommen habe, nochmal über mein Projekt und die Tätigkeiten schreiben werde. Doris als Chefin zu haben ist übrigens echt cool, schon jetzt würde ich unsere Gespräche über Nagellackfarben während langen Minibusfahrten schrecklich vermissen :).

Mein absolutes Lieblingsessen hier sind Kochbananen, die man an jeder Ecke kaufen kann. Hab ich in Deutschland noch nie gegessen, aber hier fast jeden Tag. Man schält sie, schneidet sie in Scheiben und brät sie in Butter an - für mich als 'Kochtalent' also ideal. Ich kann mich nur immer noch nicht entscheiden, ob sie mit Zucker oder Salz oder ohne was am besten schmecken :).

Leider haben Jelena und ich es immer noch nicht geschafft, uns im Fitnessstudio anzumelden. Umso lieber essen wir nämlich :). Machen wir aber diese Woche hoffentlich endlich mal (also die Anmeldung) - schließlich kann man bei der Höhe hier ne einigermaßen ausgeprägte Fitness ganz gut gebrauchen.

Am Freitag hatten wir frei, weil wir mit Johanna, unserer Freiwilligenbetreuerin einen Ausflug ins 'Valle de la Luna' nahe La Paz gemacht haben (Fotos kommen noch). Es war total heiß und die Gesteinsformationen ganz schön. Wie ein Mondtal sah es trotzdem nicht aus - zumindest denke ich nicht, dass es auf dem Mond so aussieht :). Nach dem Mittagessen dort kam Sebastian, der zweite Betreuer, noch dazu und wir haben den Nachmittag damit verbracht, in einem Park sitzend die vergangenen Wochen hier, vor allem in unseren Projekten, zu reflektieren und Feedback zu geben für die Voluntäre, die in einem Jahr hier ankommen werden.

Freitagabend haben wir mal wieder dasNachtleben angeschaut und am Samstag war ich krank. Hab mich aber selbst behandelt, sodass es mir heute schon viel besser geht. Gleich treffen Jelena und ich uns mit einem der Ex-beneficiarios, der ein Jahr in Deutschland war und hier jemand sucht, mit dem er deutsch lernen kann. Da wir spanisch reden wollen, kommt uns das gerade gelegen :).


Bis bald, ihr lieben Leser, ich versuche mich so schnell es geht wieder mit Fotos zu melden! :)


Besitos de la Lena

Sonntag, 22. August 2010

Copacabana im Titicacasee


Fürs Klopapier mussten wir natürlich zahlen - auch wenns keine Spülung gab :)


Die schöne Fahrt zu den 'islas flautantes'


Von dem Berg im Hintergrund soll der Sonnenuntergang traumhaft sein - schauen wir uns beim nächsten Mal an...


Die Überfahrt zur Insel - Lastwagen und Busse werden auch irgendwie rübergebracht. Bei der Rückfahrt sind wir gegen die Regeln einfach in unserm Bus sitzen geblieben (hat trotzdem geklappt :)).


Im und ums Haus :)

Unser Wohnzimmer, das wir bis aufs Wäschesortieren dort kaum bewohnen

Die Küche mit Ausgang in den Garten

Unsere Küche mit Esszimmer

Unser Haus mit Garten; die beiden rechten Fenster gehören zu Evelyn und meinem Zimmer und Bad

Katzenfütterung mit richtigem Katzenfutter

Ein paar Fotos - Achocalla


Auf dem Rückweg kam uns sogar ein Auto entgegen... ansonsten recht karge Landschaft.



Wir mussten aussteigen, damit unser Bus über die Straßenblockade fahren konnte...




Fußball wurde auch gespielt...


Das erste Treffen mit Padre José

Ich vor dem Illimani



Montag, 16. August 2010

Arbeit?!

Hallo ihr lieben Leser,

die Tage gehen so schnell vorbei und es ist ziemlich schwer, Zeit zum Bloggen zu finden - egal, wie sehr man sich das vornimmt.

Jetzt ist bereits eine Woche vergangen seit wir angefangen haben uns die verschiedenen Projekte anzuschauen, um dann zu entscheiden, wo wir arbeiten werden.
Letzten Montag ging es los mit dem Arco Iris Hospital, wo ich aber nicht dabei war, da einer zu Hause bleiben musste, weil zu diesem Zeitpunkt unsere Haustür von außen nicht mehr aufschließbar war und wir ja schon gerne wieder ins Haus gekommen wären. Also bin ich da geblieben, weil es mir sowieso nicht so blendend ging und hab mir von den anderen erzählen lassen, nichts verpasst zu haben. Dafür saß ich schön mit Frühstück, Buch und Katze im sonnigen Garten und hab das Leben genossen :). Da Lukas krankheitsbedingt aber schon bald wieder auf der Matte stand, hab ich mich gegen Nachmittag mit einem (legalen) Taxi auf den Weg zum Casa Esperanza, dem Jungenheim, gemacht, da unsere Gruppe das als nächstes vorgestellt bekam. Wir wurden rumgeführt und die Jungs sahen leicht verschreckt aus als plötzlich ihre Zimmertüren aufgerissen wurden (nicht von uns, sondern vom Chef) und ne Gruppe 'gringos' da stand um sie anzugucken... Danach haben Evelyn und ich uns in einen Minibus gesetzt, der uns eigentlich hätte nach Hause bringen sollen. Er kam aber wohl gerade genau aus der Richtung, sodass wir eine Stunde durch halb La Paz gegurkt sind (wir haben alle nochmal Orte gesehen, wo wir bis zu dem Zeitpunkt gewesen waren). Eigentlich ist das Busfahren sehr toll und gemütlich, aber der Fahrer wollte vielleicht Feierabend und ist die meiste Zeit gerast wie blöd. Naja, wir kamen dann doch noch irgendwann an und der Spaß hat auch nur 1,5 Bolis gekostet, also 15 dt. Cent - wie meistens, wenn man keine übermäßig 'lange' (bolivianische Definition) Strecke fährt.
Abends hatte die Gruppe, die das Mädchenheim Niñas Obrajes mit Bäckerei besichtigt hatte, Nussecken und Schinken-Käse-Hörnchen mitgebracht. Ich hab mich so vollgefressen, dass mir schlecht ohne Ende war und ich gleich ins Bett gegangen bin :). Achja, glücklicherweise kam auch noch der Schlüsselmann und hat unser Schloss repariert, sodass wir am nächsten Tag alle das Haus verlassen konnten.
Dienstags gings meinem Magen sehr schlecht, was auch fast bis zum Wochenende angehalten hat. Ich schließe daraus, dass die Übelkeit nicht nur vom Überfressen kam, sondern einfach das Essen hier erstmal auf den Magen schlägt. Während wir das Casa de Paso und die Projekte (Calle, Trabajadores, Ex-beneficiarios, CEIKU (Kindergarten), Apoyo Pedagógico), die dort untergebracht sind, besucht haben, hat mich dann auch noch kurzerhand mein Kreislauf verlassen, der die ganze Woche nicht wirklich beständig war. Das hat es recht anstrengend gemacht, die Projekte mit viel Energie und Euphorie zu besichtigen, aber nachdem wir mittwochs auch noch Niñas Obrajes und den anderen Kindergarten Betania angeschaut hatten, war mein Lieblingswunschprojekt nach wie vor Casa de Paso.
Mittwochabend haben wir uns alle im Casa de Paso zur ersten reunión mit unseren Freiwilligenbetreuern Johanna und Sebastian eingefunden, damit sich auf die Arbeitsstellen geeinigt werden konnte... was natürlich nicht funktioniert hat. Nach ewigem und nervigem Hin und Her (was ich nicht weiter ausführen will!!) habe ich mich für das Projekt Ex-beneficiari@s entschieden, da mich das blöde Losverfahren (was nicht ganz mit rechten Dingen zuging) aus Casa de Paso geschmissen hatte. Ex-beneficiari@s sind die Leute, die mal in einem der Heime von Arco Iris gelebt haben, als sie noch minderjährig waren, jetzt aber auf eigenen Beinen stehen, Arbeit und teilweise Familie haben. Da die Fundación sie bei ihrem eigenständigen Leben dennoch unterstützen möchte, ist mein Projekt dafür zuständig, ab und zu Besuche bei ihnen zu machen, ihnen beim Sparen zu helfen, Arztbesuche zu begleiten, falls sie oder ihre Kinder krank sind und ihnen das Gefühl zu geben, dass jemand hinter ihnen steht, wenn sich das Leben doch nicht so gut alleine meistern lässt. So in etwa hat zumindest Doris, meine Chefin, ihr Projekt beim Seminar in Achocalla vorgestellt.
Da die Projektfindung teilweise eher nicht so harmonisch vonstatten ging, gab es anschließend ein 'Versöhnungsessen' im Café Arco Iris, wo es Pisco (Limettenschnaps) als Aperitif, leckeren Salat, die besten Spaghetti seit wir hier sind (Nudel sind nämlich Matsch sobald man das Wasser abgießt...) und eine Dulce de Leche (megasüßer Karamel-Brotaufstrich; ist wie Nutella in Deutschland)-'Rolle' als Nachtisch gab. Mal wieder nahm mein Bauch Kugelform an :).

Am nächsten Tag, Donnerstag, sollte also erster Arbeitstag in den Projekten sein.
Ich hab mich richtig darauf gefreut, endlich was Sinnvolles mit meiner Zeit anstellen zu können. Morgens um kurz vor 9 kam ich im Casa de Paso an, wo ja unter anderem auch Ex-beneficiarios untergebracht ist - aber Doris kam nicht an. Erst so gegen 9 Uhr 30 hab ich rennende Stöckelstiefelabsätze im Flur gehört (solange saß ich bei Trabajadores mit Niko, Max und Hannah im warmen Büro) und kaum hatte ich die Tür geöffnet und mich halbwegs vorgestellt, musste ich mit Doris wieder wegrennen, weil es einen caso de emergencia (Notfall) gab. So rasch wie Doris trippeln konnte haben wir uns ein (illegales) Taxi geschnappt und sind zu einer Wohnung, wo schon eine Ambulanz vom Arco Iris Hospital vor der Haustür stand. Als wir ins Haus kamen, hat es von Polizei, Mordkommission und Ärzten nur so gewimmelt. Die Wohnung gehörte Alberto, einem ex-beneficiario, der in der Arco Iris Bäckerei arbeitet. Am Abend zuvor hatte ihn sein Bruder, der auf der Straße lebt, um 'Asyl' gebeten, da er starke Schmerzen hatte und Alberto hat ihn über Nacht bei sich aufgenommen. Morgens, als Alberto von der Nachtschicht zurückkam, fand er seinen Bruder tot im Wohnzimmer.
Als wir ankamen, wurde die Leiche gerade von einer Ärztin begutachtet und untersucht. Kurze Zeit später wurde sie in eine Decke gewickelt und zur Autopsie- und Leichenhalle gebracht. Mein erster Arbeitstag bestand somit aus Warten vor der Halle, Papierkram erledigen, Bestattungsangelegenheiten, nochmals während der Autopsie Warten vor der Leichenhalle, Dokumente bei der Mordkommission abholen usw. Die Autopsie ergab (soweit ich das verstanden habe), dass der Bruder aufgrund von Tuberkulose und Leberschäden/-versagen durch regelmäßigen Alkoholkonsum gestorben ist.

Doris meinte, dass dies kein gewöhnlicher Arbeitstag war und dass der Freitag viel ruhiger werden würde.

Als ich Freitagmorgen wieder kurz vor 9 ins Casa de Paso kam, war es dann leider über 3 Stunden viel zu ruhig. Nach einer Stunde Rumsitzen sagte mir der Pförtner, dass Doris eigentlich gleich kommen müsste, da sie nur kurz in Casa Esperanza ein paar Papiere holen wollte. Sie erschien aber nicht 'gleich' sondern erst um 12 Uhr 15... bis dahin hatte ich mich mit Nichtstun, in der Sonne sitzen, mit dem alten Pförtner, der mein boyfriend sein will, plaudern und in den Projekten Trabajadores und Calle die Zeit abhocken beschäftigt. Sinnvoll...
Die kurze Zeit vorm Mittagessen hat Doris genutzt, mir ein paar Dinge im Büro zu erklären. Der Nachmittag war eigentlich genauso ergiebig wie der Morgen (...). Da um 15 Uhr reunión der Sozialarbeiterinnen in Niñas Obrajes war, haben Doris und ich bis dahin nur die Erfrischungsgetränke und Sandwiches abgeholt. Dauert eben alles seine Zeit, wenn man mit dem Minibus von einem Ort zum anderen schaukeln muss... Die Sitzung war für mich dann insofern völlig uninteressant, da die trabajadoras sociales ausschließlich über ihren Gruppenausflug (wo Voluntäre nicht erwünscht sind) nach Arica in Chile diskutiert haben und darüber, ob sie nicht ihre nächste Versammlung in der Sauna in hübschen Bikinis abhalten sollen.

Zum Glück fand um 16 Uhr mal wieder eine Novena (Marienandacht) statt, auch in Niñas Obrajes. Es wurde zwar viel geredet, was man nur mehr oder weniger gut verstanden hat, und jedes Projekt wurde mit einem Marienbild 'gesegnet', aber das Singen war wie auch schon bei der ersten Novena toll. Vor allem, weil vorne immer ein bis zwei junge Herren sitzen, die Gitarre spielen und mitsingen - was sich richtig schön anhört. Außerdem sind die Lieder lange nicht so eintönig wie in deutschen Gottesdiensten.
Danach gabs wieder Tee und Gebäck und Johanna, Jelena und ich haben uns auf den Weg zum Handyladen in der Stadt gemacht. Endlich ist mein Handy freigeschaltet und ich kann sogar telefonieren :).

Ich habe sicher viel Neues an dem Tag gelernt - aber das mit Abstand Wichtigste war: Gehe niemals ohne 400-Seiten-Buch zur Arbeit!

Gesundheitlich gings mir Donnerstag und Freitag wieder ganz gut, kein Schwindel und keine Übelkeit.


So sehr ich mich aufs Wochenende gefreut hatte, so schnell wars auch wieder vorbei. Für Samstag hatte der Padre 5 von uns Freiwilligen zu einem Ausflug auf die Insel Copacabana im Titicacasee eingeladen. Sinn und Zweck des Ausflugs war es eigentlich, einer Gruppe von Amerikanern - die gerade den Padre und seine Fundación hier in La Paz besuchen, einer (zu deutsch würde man sagen) Sekte entstammen und als potenzielle Geldgeber für die Fundación gelten - ein Stück Bolivien zu zeigen. Mal wieder verspätet und 3 Stunden später kamen wir auf und im Ort Copacabana an. Dort wars sehr viel kälter als in der La Paz, aber die Sonne war trotzdem stärker. Leider war mir mal wieder recht schlecht und der Kreislauf im Keller. Nach dem Mittagessen (die anderen haben gegessen, ich nicht) sind Evelyn, Paul, Lukas, Max und ich auf einem 'Privatboot' anscheinend nur aus Stroh zusammengebunden zu den islas flautantes, die ca. 25 Minuten vor der Inselküste liegen, gefahren. Uns wurde gesagt, dass auf diesen Inseln aus Schilf Leute leben, die einem dann Forellen reichen, wenn man entlangschippert... war aber nicht so, sondern ganz touristisch mit Schilf bestreute Plattformen im Wasser schwimmend mit kleinen Schirmchen aus Stroh mit Stühlen, wo die Forellen aber tatsächlich drumherum geschwommen sind und frisch gefangen wurden. Von dort konnte man noch eine kleine, felsige Insel beklettern und auf den See schauen, was mit der Sonne und allem sehr schön aussah. Das eigentlich Gute war die Bootsfahrt - ich hätte ewig weiter über den See fahren können.

Die Rückfahrt nach La Paz ging wesentlich schneller, da wir uns in den Kleinbus vom Padre gesetzt haben und der mit seinem Fahrstil alle Taxifahrer hier alt aussehen lässt :).

Gestern (Sonntag) haben wir einen Markttag gemacht. Geplant war anfangs nur, auf den riesigen (das ist noch untertrieben) Markt nach El Alto zu gehen, wo man alles alles alles kaufen konnte. Wir haben es längst nicht geschafft, alles anzuschauen, es war einfach viel zu viel auf einmal und und nicht ganz das, was wir uns vorgestellt hatten. Also sind wir wieder nach La Paz (hört sich so weit an, aber die Städte überschneiden sich), haben dort bei Pollos Copacabana (wie McDonald's nur mit Hähnchenhaxen) die besten Pommes in ganz La Paz (oder Bolivien?) zu Mittag gegessen und sind danach noch zu 2 anderen Märkten gefahren. Einer davon war der 'Hexenmarkt', wo man unter anderem die getrockneten Lamaföten in rauen Mengen kaufen kann, die die Bolivianer vorm Hausbau in die Erde graben, damit das Haus und die Menschen Glück haben oder sowas in der Art. Außerdem gab es massenhaft die warmen Alpaka-Pullis, die wir uns gegen die Kälte kaufen wollten. Da aber alles so schrecklich touristisch aufgemacht (schon klar, dass wir selbst Touris sind...) und die Massen an Klamotten total überschwemmend war, haben wir dort vorerst nichts gekauft. Beeindruckend war es trotzdem!


Ich wusste nicht so recht, ob ich mich auf heute, meinen 3. Arbeitstag freuen sollte und hab erstmal mein Buch eingepackt. Doris war aber tatsächlich nur 5 Minuten später im Büro und es kamen ein paar Leute mit verschiedenen Anliegen zu uns. Beispielsweise zwei Männer, deren Sohn/Neffe (ein ex-beneficiario) vor kurzer Zeit wegen Volljährigkeit aus Casa Esperanza entlassen wurde und jetzt aber in Chile wegen Drogenschmuggel im Gefängnis sitzt. Die Männer hätten gerne gehabt, dass der Junge seine Strafe lieber in einem bolivianischen Gefängnis absitzt (was nicht sehr empfehlenswert ist, da die Gefängnisse hier total schrecklich sein sollen). In dem Fall kann jedoch auch die Fundación kaum was ausrichten, da an den chilenischen und bolivianischen Gesetzen wohl nicht viel zu ändern ist. Über Mittag habe ich von Doris eine Liste mit 50 Müttern, die wir unterstützen, in die Hand gedrückt gekriegt - ich sollte alle anrufen und fragen, ob sie und ihre Kinder an der Pilgerfahrt der Fundación nach Copacabana Anfang September teilnehmen wollen. Von den 50 Frauen haben ich 6 erreicht. 3 davon wollten mit, 3 nicht. Die restlichen 44.. keine Ahnung :).
Nachmittags bin ich dann ins Mädchenheim Niñas Obrajes gefahren, weil dort in der Schneiderei und Bäckerei ein paar von unseren ex-beneficiarios arbeiten, die auch mit zur Pilgerfahrt möchten. Ich war dafür zuständig, die 10 Bolis (ca. 1€), die sie pro Person dafür bezahlen, einzusammeln. Damit war ich zum Glück schon um Viertel vor 4 fertig, also hab ich Jelena, die in Niñas Obrajes arbeitet, besucht. Mit Schrecken musste ich feststellen, dass man sie mal wieder zum stundenlangen Blätter kopieren verdonnert hatte (wie sie schon von den Vortagen berichtet hatte). Das einzig Soziale an ihrer Arbeit war wohl heute meine Gesellschaft... hoffentlich ändert sich das noch.

Um kurz vor 5 sind wir Richtung nach Hause gegangen und haben davor noch Essen gekauft. Und dann erst mal richtig lecker gespeist in unserer kalten Küche (uns war aber warm vom bergauf laufen :)).


So, das wars mal wieder von hier und mir. Bin schon gespannt, was für ne Arbeit mich morgen erwartet. Oder ob Doris mich erwartet :).

Bis bald und eine dicke Umarmung,

eure Lena

Samstag, 7. August 2010

Erlebnisse

Buenas tardes amigos,

von Montag bis Donnerstag waren wir in Achocalla (ca. 4000 m) bei unserem ersten Seminar hier. Am Montag um 9:00 wurden wir von einem extra für uns gemieteten Micro abgeholt, in den sich alle inklusive Gepäck reingequetscht haben, denn das meiste ist hier an die bolivianische Durchschnittskörpergröße angepasst, was bedeutet, dass ein Mann oftmals kaum größer als ich ist. Erst sind wir durch El Alto, die an La Paz direkt angrenzende Stadt und gleichzeitig das Armenviertel, gefahren und kamen danach in immer ländlichere Gegend, wo es sogar grüne Bäume und Büsche gab. Ansonsten war alles total trocken, die Straße durch bergiges, steiniges Gelände staubig und unbefestigt (wir hatten nicht nur einmal Angst, den seitlichen Abgrund runterzurutschen...). Hin und wieder waren am Straßenrand Kühe, Schafe, Schweine, viele Hunde (bis auf die Hunde haben wir bisher kaum Tiere gesehen) und Frauen, die im Graben Wäsche gewaschen haben. Komischerweise kamen wir irgendwann an einem kleinen mit Schilf umgebenen See vorbei, auf dem man Tretboote mieten konnten - verwunderlich! :) Nach ca. anderthalb Stunden kamen wir an und haben erstmal gemerkt, dass wir in der Tat nochmal näher an der Sonne sind als in La Paz und die Luft noch dünner ist, was einigen Unwohlsein beschert hat.
In den 4 Tagen haben wir mit einigen wichtigen Fundación-Menschen Bekanntschaft gemacht, wie z. B. mit Padre José, dem Gründer, mit Don Cristóbal, dem Chef, mit Don Félix, dem Projektleiter vom Casa de Paso und den ganzen anderen Projektleitern, die uns unsere zukünftigen Arbeitsstellen vorgestellt haben. Uns wurde viel über die bolivianische Geschichte, die Bolivianer, die Straßenkinder, die Fundación Arco Iris, das Leben von Padre José und sonstige wichtige Sachen fürs nächste Jahr erzählt - alles auf Spanisch, war gut!
Donnerstag gings dann schon wieder zurück; alle waren schön gerötet von der Sonne :) Außerdem war Evelyns (meine Zimmernachbarin) Geburtstag, den wir erst mit einer riiiesen Torte und dem bolivianischen Brauch, das Gesicht in die Torte zu klatschen während das Geburtstagskind reinbeißt, in Achocalla gefeiert haben und dann noch abends zu Hause. Erstmal war aber im Casa de Paso eine Novena, so eine Art Marienandacht, zu der wir herzlich geladen waren und wo viel gesungen wurde - hat mir gut gefallen (und es war wunderbar warm in dem Raum). Danach gabs dort lecker Essen von der Arco Iris Bäckerei und Tee und Evelyn, Su, Johanna (unsere Betreuerin) haben uns aufgemacht zum Chor, wo wir das Mozartrequiem gesungen haben (okay, gesungen ist übertrieben). Gleich am Anfang mussten wir zu unserem Schreck alleine Tonleitern vorsingen, da der Chor-Master feststellen wollte, ob wir Sopran- oder Altstimmen (jetzt weiß ich, dass ich zum Alt gehöre...) haben. Su hat gleich mal alle vom Hocker gefegt mit ihrer Stimme, hat sich toll angehört!
Der Chor kam den anderen aus dem Haus gerade gelegen, weil wir Evelyn mit einem Geburtstagdinner überraschen wollten, das aus gefüllten Paprika, Gurkensalat, Reis, Sekt und Schokopudding mit Bananen bestand - endlich mal was Rechtes im Bauch! Um halb 12 sind dann mal die Leute aus der Wohnung eingetroffen und es wurde feucht-fröhlich bis in die Morgenstunden gefeiert. Der Freitag war für manche von uns dann weniger spaßig, obwohl wir eigentlich um 9:00 zu der fila (einem Umzug) an unserem Haus vorbei fit sein sollten. Anlass dafür war der bolivianische Nationalfeiertag, an dem sich über die Unabhängigkeit des Landes am 6. August 1825 gefreut wird und Umzüge mit Trommelkapellen und Fähnchenschwenken stattfinden. Die meisten von uns sind mitgelaufen und haben kräftig grün-gelb-rote Fähnchen geschwenkt und Anstecknadeln gekauft.

Heute haben wir schön ausgeschlafen, lecker gefrühstückt, sind zur Wohnung, d.h. Internetzugang, und werden später noch Richtung Innenstadt fahren um uns endlich mal Putzsachen anzuschaffen.

Morgen haben wir frei und Montag bis Mittwoch werden wir uns alle Projekte anschauen, in denen wir arbeiten können. Mittwochabend gibts dann hoffentlich nur wenig Gezanke und keine Tränen, wenn wir uns einigen müssen, wer in welches Projekt geht. Aus den Blogs der letzten Jahre ist hervorgegangen, dass das kein lustiges Unterfangen ist... mal sehen. Trotzdem bin ich gespannt auf Donnerstag - der erste Arbeitstag.

Kurz noch was zu meinem Gesundheitszustand (ich warte ja immer noch auf den ultimativen Zusammenbruch), bis auf den Schnupfen gehts mir gut, das Halsweh ist fast weg und der Filzklumpen in meinen Haaren ist auch beseitigt. Der kam wohl von der trockenen Luft, vom Wasser, das hier nicht ganz so sanft ist wie in Deutschland, und vom tagelangen Schaltragen... :).
Ansonsten leben wir uns immer besser ein in unserem Haus - heute kam sogar der Wassermann und hat uns 4 'Kanister' Trinkwasser gebracht (das aus der Leitung sollen wir ja (noch) nicht trinken.


Macht's mal gut und bis bald! Leider ist es unmöglich, alles was passiert und was man sieht zu bloggen - es ist so viel auf einmal.

Chau!

Eure Lena

Sonntag, 1. August 2010

Die ersten Tage hier

Liebste Leserinnen und Leser,

da wir uns in unserem Haus gegen einen W-LAN-Anschluss entschieden haben geht das mit dem Bloggen nicht ganz so schnell und oft wie ich mir vorgenommen hatte.

Leider habe ich gerade mein sehr sorgsam aber dennoch gezwungenermaßen geführtes Tagebuch im Haus wo ich wohne vergessen, sodass ich euch erstmal ein paar Fotos hochlade. Internet gibt es nämlich nur in der Wohnung, in der der andere Teil unserer Freiwilligengruppe wohnt und die ca. 10 Minuten zu Fuß von unserem Haus entfernt ist. Also muss ich mich immer erst hierhin begeben um zu bloggen - ich bitte um Nachsehen :).



Hannah, Steffi und Max am Limaer Flughafen


Ich und Anna F. am Limaer Flughafen


Landeanflug auf La Paz


Unser Hauskätzchen Siggi (auch Kakita genannt, da sie mal nachts auf dem Balkon von Jelenas und Annas Zimmer ein kleines Häufchen hinterlassen hat :))


Der Blick von unserer Straße auf einen Teil der Stadt. Die Regenbogen-Dächer gehören zu Niñas Obrajes, einem der Mädchenheime, wo auch die Wohnung der anderen Freiwilligen ist.


Blick aus unserem Zimmer in den Garten, wo Jelena gerade das Dach der Casita testet - war recht instabil :)


In der Stadt, sehr starke Sonne, aber im Schatten sofort eiskalt


Ein Schuhputzer


Ein Minibus, die hier in Massen durch die Straßen fahren um die Leute zu transportieren. Eigentlich sind sie für ca. 12 Personen geeignet, aber man quetscht sich oftmals mit 20 Leuten rein. In der Tür sieht man den voceador, der den ganzen Tag mitfährt und die Route des Busses ausruft.


Ein Micro, auch Transportmittel - anschnallen und Türen schließen is hier nich :)





Hier waren wir im Casa Esperanza, dem Jungenheim, wo Theater-, Tanz- und Musikvorführungen der Jungs aus dem Casa de Paso (das ist das Übergangsheim für die Jungs, die auf der Straße aufgesammelt werden und je nach Verhalten später ins Casa Esperanza kommen) waren. Es waren viele Mädchen aus Niñas Obrajes, Mitarbeiter der Heime, Mütter mit Kleinkindern usw. zum Zuschauen da.


Am Schluss kam noch eine Profi-Folklore-Musikgruppe, viele haben getanzt, aber wir sind nach ner Weile nach Hause gefahren, weil wir müde waren.


Abends aus einem Fenster der Wohnung


Das war heute Morgen, ist aus unserem Zimmer fotografiert und Evelyn und das Kätzchen sitzen im Garten in der Sonne, die echt supertollwarm ist und in der man schön frühstücken kann, weils im Haus saukalt ist. Achja, wir haben zum ersten Mal gewaschen wie man an der Wäsche sieht! :)


Nochmal der Blick auf einen Stadtteil mit den Regenbogen-Dächern


Zu sechst im Taxi: Evelyn, ich, Anna und Jelena auf der Rückbank