Dienstag, 5. Oktober 2010

Copacabana 4./ 5. September

Copacabana 4./5. September
Den halben Arbeitsfreitag davor haben wir damit verbracht, belegte Brötchen für alle Pilger zuzubereiten. Das sah so aus, dass sich einige Mitarbeiter der Projekte und alle Voluntäre im Speisesaal von Niñas Obrajes getroffen haben. Als Doris und ich dort ankamen, standen in der Mitte des Raumes zwei lange zusammengestellte Tische auf denen 200 mehr oder weniger knusprige Hähnchen gestapelt waren. Drumherum standen ein paar Frauen mit Dolchen in der Hand, die fleißig am Zerkleinern waren. Rechts im Raum wurden an Tischen Servietten zum Verpacken aufgefaltet und Plastiktüten mit abgezählten Wurstscheiben (carne fría – kaltes Fleisch) verteilt. Links waren auf Tischen Brötchenberge aufgetürmt. Als ich gefragt habe, wo ich am besten mithelfen könnte, wurde mir gleich eine Tüte mit 41 carne fría-Scheiben in die Hand gedrückt. Damit hab ich mich zu den Brötchenaufschneiderinnen gestellt und die Semmeln beladen J. Als ich damit fertig war, hab ich als Serviettenhalterin gedient während die anderen die Brötchen eingepackt und in schwarze Säcke verstaut haben, wo sie sich sofort wieder „entwickelt“ haben. In Copacabana konnte man dann viele Hähnchenhaxen, -flügel und –rippen einzeln aus dem Sack fischen. Hat aber insofern nicht viel ausgemacht, da man das Brötchen sowieso wieder öffnen musste, sonst hätte man auf Knochen gebissen J.
Naja, als dann alles fertig war, mussten die ganzen Säcke ihren Nummern nach in den Lebensmittel-LKW verfrachtet werden. Jedes Projekt hatte seine bestimmte Anzahl an Sandwiches und Erfrischungsgetränken und alles wurde ganz genau geordnet und zugeteilt. Gegen Feierabendzeit war alle Brötchen gemacht, verpackt und verfrachtet, wir haben die Reste verputzt und sind mit vollen Bäuchen nach Hause, um dann gleich mit Rucksackpacken anzufangen. Schließlich sollte es am nächsten Morgen schon um 7:00 morgens losgehen. Ins Fitnessstudio haben wir es aber trotzdem auch noch geschafft an dem Abend. Außerdem musste um 0 Uhr ja auch noch mit Schokofondue in Annas Geburtstag gefeiert werden, der leider ein bisschen im Copacabana-Gewusel am nächsten Tag unterging.
Um 5 Uhr am Samstagmorgen sind wir aufgestanden, weil sich die meisten zwischen 6 und 6:30 in ihren Projekthäusern getroffen haben. Wir Casa de Paso-Freiwilligen sind mit dem Taxi hingefahren, weil so früh noch keine Minibusse unterwegs waren, weshalb wir recht früh da waren. Noch vor den 39 Bussen, die uns nach Copacabana bringen sollten.

Bis alles und alle verpackt waren, war es ca. 8 Uhr und es ging durch El Alto, viele kleine Dörfer und viel unbewohnte Landschaft nach Tiquina – von wo aus man auf die Insel übersetzt (hört sich jetzt so nach Fähre an, war aber ein Boot der Marine, das uns alle über den See gebracht hat).

Alle Pilgerfrauen, -männer und –kinder hatten ihre Regenbogensonnenkappen auf – mein Projekt war Farbe Orange – sodass alles sehr schön bunt aussah. Wahrscheinlich ist ein weiterer Sinn davon, dass man sehr schnell ausmachen kann, wo sich die eigenen Projektleute gerade befinden (was bei fast 3000 Menschen auf einem Haufen gar nicht schlecht ist. Ungeschickt war nur, dass Ex-beneficiarios, CEIKU und Betania (beide Kindergärten) alle orange Hütchen hatten…).

Als die gesamte Pilgergemeinschaft nach einiger Zeit auf die Insel rübergeschifft war, wurde der Essen-LKW geöffnet und Doris und ich haben die Brötchen-Säcke und Erfrischungsgetränke für Bus 10, d.h. für die 54 ex-beneficiarios, abgeholt und verteilt. Derweil gab es Musik und Stimmung J.
Bevor die Fahrt zum Ort Copacabana weiterging, stellten sich alle auf dem großen Platz in Regenbogenfarbenhütchenordnung auf und Don Cristóbal und der Padre haben vor versammelter Bande eine kleine Ansprache gehalten.
Kurz vorm Ort sind wir ausgestiegen und sind den Rest zu Fuß gegangen. Über der Straße waren Plakate gespannt, die uns willkommen geheißen haben („Bienvenidos peregrinos“). Während dem Marsch wurde viel fotografiert und gesungen. Außerdem bekamen wir von den Einwohnern Brot und Bonbons gereicht.
Wir sind direkt in die Kirche gewandert, die rappelvoll war und Padre José den Gottesdienst gehalten hat.
Nach der Messe sind wir bepackt mit unseren Rucksäcken (wir voluntarios waren fast die einzigen, die Rucksäcke hatten, die anderen haben ihre paar Sachen in Tücher gewickelt oder in Plastiktaschen transportiert) zu den Unterkünften gelaufen. In dem ehemaligen Kloster mit winzigen Zimmern hab ich mit 9 Frauen und 3 Kindern in einem Raum geschlafen. Wobei schlafen übertrieben ist, der Boden war steinhart, es war total heiß und so wie in dieser Nacht hab ich Frauen noch nie schnarchen gehört… J

Um 16 Uhr gabs Mittagessen und eigentlich sollte es um 17 Uhr wieder zur Kirche losgehen (es wurde 18 Uhr), weil unser Projekt eines derjenigen war, die die restlichen Projekte, die vom Strand kamen, mit bunten Laternen empfangen musste. Vor der Kirche haben wir uns im Spalier aufgestellt und erstmal wieder ganz lange gewartet bis die Pilger angezogen kamen – auch mit Laternen in den Händen. Zusammen mit allen gings in den Kirchenhof und dort sind wir alle im Kreis gelaufen – wieder den Regenbogenfarben nach geordnet mit passender Laterne – und haben gesungen. Das sah so wunderschön aus als es dunkel wurde und die ganzen Lampions in den Farben geleuchtet haben und ganz lauter Gesang und Gitarre und tolle Stimmung.

Als Abendprogramm gabs für die Kleinen ne Clownvorstellung und für den ganzen Rest auch eine Clownvorstellung (aber woanders) und Tänzerinnen. Danach konnte zu allen möglichen lateinamerikanischen Musikrichtungen getanzt werden – womit wir deutschen Nixblicker im Tanzen natürlich total überfordert waren. Zusätzlich war es noch so kalt, dass ich lieber zugeguckt und mich mit den Jacken der anderen gewärmt hab J. Sah voll gut aus wie alle im gleichen Rhythmus und in Paaren getanzt haben. Die habens einfach im Blut hier J.

Leider war im Kloster das Wasser ausgefallen als alle ins Bett gehen wollten, sodass es in den Toiletten alles andere als spaßig aussah. Evelyn, Jelena, Nora und ich haben es vorgezogen unser Geschäft in einer Baugrube außerhalb des Klosters zu verrichten J.
Zurück im Zimmer hatten schon alle ihre Decken gerichtet und wir haben festgestellt, dass wir nur zwei Essenssäcke mit Abendessensandwichs bekommen hatten, was nicht für alle gereicht hat. Also hab ich nur ein paar Süßigkeiten zu Abend gegessen, was auch okay war. Weil wir noch Annas Geburtstagskuchen verspeist haben, kam ich als Letzte ins Zimmer (wir Freiwilligen haben zusammen mit den jeweiligen beneficiarios geschlafen) und mir blieb noch ein höchst kleiner Platz um meine Isomatte, die ich glücklicherweise mitgenommen hatte, auszubreiten und versuchen zu schlafen. Da wars ungefähr Mitternacht. Um halb 6 bin ich wieder aufgestanden, hab mich mit Sprudel im Innenhof des Klosters gewaschen (eiskalt wars…) und Zähne geputzt, weil alle die wollten auf den Calvario (den Berg) klettern konnten. Leider wars nix mit schönem Wetter und Sonnenaufgang und so, weil es bereits in der Nacht angefangen hatte in Strömen zu regnen. Der ganze Klosterinnenhof war ein Matschfeld, nicht besser war der Aufstieg zum Calvario. Hat sich aber auf jeden Fall gelohnt, auch wenn es keine Sonne gab sah die Regenwand und die Wolken und der See und die Bucht von oben total beeindruckend aus. Sieht man auch nicht alle Tage sowas Schönes.

Als wir zur Unterkunft zurückkamen, waren die anderen gerade aufgestanden und es gab leckeres Frühstück – Rosinenbrötchen mit heißem Kaba.
Den Vormittag hab ich mit der Schwester einer Ex-beneficiaria mit Tretboot fahren, Bootfahren, Tischfußball spielen, Erdnüsse- und geröstete Bohnen essen, am Strand spazieren, Steine im Titicacasee suchen und Kerzen für unsere Familien und Freunde in der Kerzenkapelle hinter der Kirche anzünden verbracht. Hat alles so viel Spaß gemacht!

Irgendwann gabs Mittagessen (Fisch – lecker! J) und dann sollte eigentlich abgereist werden. Nur der einzige Bus, der nicht da war, war unserer. Da es in der Zwischenzeit wieder angefangen hatte zu regnen, haben wir mit dem ganzen Gepäck ca. anderthalb Stunden unter dem Vordach einer Essensbude gewartet während sich die gesamte Strandpromenade in ein Meer aus Schlamm verwandelt hat. Was schön war war der Regenbogen, der sich für einen Moment auf dem See und am Himmel gebildet hat.

Irgendwann kam dann der Bus doch noch und es konnte losgehen, zurück nach La Paz, wo uns zuhause eine schmerzlich vermisste heiße Dusche und eine hungrige Kakitakatze erwarteten J.

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