Montag, 29. November 2010

Geburtstag, Feria, Muela del Diablo

Liebe Leserinnen und Leser,

zunaechst muss erwaehnt werden, dass wir meinen Geburtstag am Freitag, den 19. November 2010, gebuehrend und fast nicht mehr feierlich gefeiert haben. Das Abendessen waren Massen von Pommes, Pollos und alles Ungesunde, was das Lenaherz von Pollos Copacabana begehrt! Das war wie im Traum: Ich komm in die Kueche und die Tafel war gedeckt mit allen unglaublich leckeren Speisen, die zuvor das Pollos-Moped vor unsere Haustuer gebracht hatte! Was kann schoener sein?! Mein Herz ist bei dem Anblick losgehuepft :).
Irgendwann gegen Nacht kamen die Gaeste und es hat allen ueberaus gut gefallen - zumindest denen, die sich noch erinnern konnten. Wie immer war es mir nur ein bisschen unangenehm, dass mein Geburtstag gefeiert wird...
Zwei Dinge, die mich gefreut haben, waren zum einen, dass ich endlich wieder gesundheitlich voll und ganz auf der Hoehe war! In Deutschland hab ich das nie so zu schaetzen gewusst. Und zum anderen, dass sich an Geburtstagen ALLE wieder daran erinnern, dass wir ja fuer ein paar Stunden mal ganz nett miteinander umgehen koennten, da wir ja eigentlich eine WohnGEMEINSCHAFT sind, in der Respekt moeglicherweise nicht ganz unschaedlich ist. Klappt zumindest an Geburtstagen wirklich gut. (Warum hat jeder nur einmal im Jahr?!)

Sonntags am gleichen Wochenende sind wir auf die feria (den rieeeeseeeeen Markt) in El Alto gegangen. In schlauer Voraussicht haben wir uns einen Bolivianer mitgenommen, der sich auskannte. Wir waeren hoffnungslos verloren gewesen - wie beim ersten Mal, als wir uns dort reingestuerzt haben. Mal wieder war es dort so beeindruckend und auf positive Weise erschlagend! Ein Stueck Heimat fanden wir auf einem Kleider-Wuehltisch: Oberteile von H&M! Ein 14,99 Euro-Pulli in einer deutschen Filialie kommt hier als Spende an und wird fuer 80 Cent verkauft. Genauso die gruene atemberaubend schoene lederne Esprit-Tasche, die ich fuer 1,5o Euro erstanden habe.
Schon verrueckt, dass die ganzen Sachen in den USA und Europa in die Altkleidertonne geschmissen werden, nach Bolivien transportiert, in LKWs auf die feria in El Alto gekarrt und dort fuer kein nennenswertes Geld (deutsche Sichtweise!) verkauft werden. Und dann kommen wir reiche Touris an und denken: Wow, nur 1 Euro, kauf ich mir! Und ein Grossteil der Bolivianer wuerde sich 5mal ueberlegen, ob er sich fuer 10 Bs. eine gruene Ledertasche leistet. Ob er will und ueberhaupt kann. Das ist hier so unglaublich und erschreckend zugleich. Jeden Tag halte ich mir das vor Augen und denke, was wir einfach fuer ein Glueck haben. Andererseits in vielem auch "Pech" - man kann hier so viel von den Menschen lernen, was einem in Deutschland niemals begegnen wuerde. Manchmal stell ich mir vor, ich wuerde eine Gruppe Bolivianer mit nach Deutschland nehmen, ihnen mein Haus zeigen, meine Stadt, die Landschaft, die Leute, wie sie alle rumhetzen und wie Maschinen arbeiten, einen Ausflug nach Berlin machen, damit sie eine deutsche Grossstadt mit La Paz vergleichen koennen (was unmoeglich ist)... und dann wuerde ich gerne sehen, wie sie reagieren. Ob sie den Mund vor Staunen nicht mehr zukriegen, ob sie es bewundern, oder ob sie Angst bekommen. So wie mir muss es ihnen teilweise wie eine Zeitreise vorkommen.



Dieses Wochenende haben Evelyn und ich endlich unsere langersehnte Tour zu Pferde gemacht. Es waren nur ein paar Stunden am Samstag aber erschien uns wie eine Reise in ein anderes Land. Wir wurden mit dem Auto ein abgelegeneres und hoeheres Viertel La Paz' gebracht und sind von dort aus auf 3700m geritten. Es waren nur ein paar Huegel hoeher und um ein paar Kurven herum, aber die Landschaft war mit einem Mal ganz veraendert. Gruene weite Wiesen, Voegel, frische Luft, Felsformationen und der Muela del Diablo, ein Fels, der wie der Backenzahn des Teufels aussieht :-), der das Ziel der Route war. Wir haben die Pferde angebunden und auf einer Anhoehe gegessen und wie immer kann ich den Blick auf La Paz einfach nicht mit Worten beschreiben geschweige denn mit Fotos. Die Stadt ist so riesig, die Hochhaeuser im Zentrum im Tal, und an den Haengen kleben die ganzen kleinen Haeuschen und Huetten - je hoeher desto aermer. Bis die hoechsten Haeuschen in El Alto den Himmel beruehren. Wenn man sich umgedreht hat, konnte man die ruhige, grueneNatur sehen (aehnlich wie beim Wandern in der Schweiz) und man wuerde niemals daran denken, dass sich hinter einem eine 2 Millionenstadt befindet... Der Ausflug war traumhaft schoen, wenn man auf dem Pferd durch die Landschaft getragen wird, einem der Wind durch die Haare fegt und man sich nicht entscheiden kann, ob man nach rechts auf die von oben atemberaubende scheinbar unendlich weite Stadt schaut oder doch lieber nach links, wo gleich Heidi mit ihrem Opa und einer Ziegenherde ueber die Alm spaziert kommen koennte :-).

Wenn man sich an das erinnert, tut der Muskelkater schon fast nicht mehr weh.



Hoffentlich hat das Lesen Spass gemacht und ihr koennt euch ein bisschen unter allem vorstellen ... es ist so schwer zu beschreiben!

Bis mal wieder!
Eure Lena

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